gehalten auf der antifaschistischen Demonstration des Bündnisses “time to act” gegen den Naziaufmarsch der nationalsozialistischen Partei “III. Weg” und die sächsischen Verhältnisse:
Liebe Antifaschist*innen und Genoss*innen,
es führt kein Weg drum herum: Wir müssen heute, am 1. Mai 2016, den Nazis vom „Dritten Weg“ den Tag versauen. Die völkische Ideologie und das aus ihr resultierende Handeln sind menschenverachtend. Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Hunger geflüchtet sind, Jüdinnen und Juden, Homosexuelle, Nicht-Weiße, Menschen mit Behinderung, Linke, alle als “anders” Definierte: Sie alle werden heute bedroht, sie alle sind in Gefahr. Die Leute, gegen die wir heute protestieren, stehen in der Tradition des Nationalsozialismus, einer Gesinnung und Bewegung, die vor kaum 80 Jahren schon ihr unfassbar grauenhaftes Potential entfaltete. Es muss unser Bestreben sein, diese Gesinnung & Bewegung für immer verschwinden zu lassen. Deswegen darf ihr öffentliches Auftreten nicht unbeantwortet bleiben. Doch so notwendig es heute ist zu protestieren, so notwendig ist es auch uns zu fragen, wie wir diesen unerträglichen Zustand, dass es immer noch Nazis gibt, ein für alle mal beenden können. Dafür müssen wir erst den Zusammenhang verstehen, der diese Leute dazu treibt, ihre menschenverachtende Ideologie auf die Straße zu tragen. Continue reading
Wer hat mit diesen Worten antifaschistische Praxis und NS-Verbrechen gleichgesetzt? Die Antwort: dieses Mal war es nicht der rassistische Hetzer Jürgen Elsässer vom Compact-Magazin. Es war tatsächlich Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Partei DIE LINKE. Öffentlichen Applaus erntete er dafür von AfD-Rechtsaußen Beatrix von Storch und natürlich von Höcke selbst. Der Hintergrund? Für den 5.5. mobilisieren verschiedene antifaschistische Gruppen nach Bornhagen zu einer Demonstration unter dem Motto “Straight to hell!”. Bornhagen ist ein Ort in Thüringen, in dem die AfD bei der vergangenen Landtagswahl 36,5% der Stimmen erreichte. Der offen biologistisch-rassistische Fraktionsvorsitzende der Thüringer AfD, Björn Höcke, hat hier seinen Wohnsitz. Der “linke” Ministerpräsident Ramelow hält es für eine Verletzung von Höckes Persönlichkeitsrechten, in Dorf, in dem Höcke wohnt, eine Demonstration durchzuführen. Diese Auffassung zeugt nicht nur von einem autoritären Weltbild. Es gibt überdies keinen vernüftigen Grund, sie mit einem Nazi-Vergleich zu untermauern. Ramelow setzt auf diese Weise die Deportation und Ermordung von Jüd_innen und vielen anderen Opfergruppen durch die Deutschen in der NS-Zeit mit heutigem antifaschistischem Widerstand gegen eine völkisch-rassistische Partei gleich. Ramelow nutzt seine Öffentlichkeitswirksamkeit, um linke Strukturen zu diffamieren und den Nationalsozialismus zu verharmlosen. Auch wenn wir Entsolidarisierung und Verrat an linken Positionen durch linke Parteien in Regierungen und Parlamenten durchaus gewohnt sind – Ramelows NS-Relativierung ist eine politische Grenzüberschreitung die auch innerhalb seiner eigenen Partei hoffentlich nicht ohne Konsequenzen bleibt. Wir jedenfalls solidarisieren uns mit den antifaschistischen Genoss_innen im Eichsfeld.