Laura und Roman von der Kampagne “Rechte Netzwerke zerschlagen!” haben dem Portal leipzig.antifa.de ein Interview zur Kampagne gegen die fünfte rechte “Imperium Fighting Championship” im vergangenen Monat in Leipzig.
Was ist euer Fazit von der Gegendemonstration am Tag der IFC?
- Laura: Wir sind sowohl mit der Teilnehmer_innenzahl als auch mit der öffentlichen Wahrnehmung sehr zufrieden. Die Demonstration konnte die inhaltliche Aussage unserer Kampagne nochmal untermauern und hat dazu beigetragen, eine große negative Öffentlichkeit für die rechte Imperium Fighting Championship zu schaffen. Von linken Blogs über das Neue Deutschland bis zur Tageszeitung WELT und dem MDR haben viele Medien über die IFC und deren Verstrickungen in das neonazistische Spektrum berichtet. Auch die Tatsache, dass Kämpfer der fünften IFC unter den Angreifern des 11. Januar 2016 in Connewitz sind, fand große mediale Resonanz. Somit war die Demonstration eine gelungene Antwort auf das rechte Bedrohungszenario inklusive der Angriffe des 11. Januar.
- Roman: Einschränkend ist allerdings anzumerken, dass wir mit der Entschlossenheit und der Geschlossenheit der Demo selbst sehr unzufrieden sind. Es wurden kaum Parolen gerufen, nicht einmal vorm Kohlrabizirkus. Unsere Bitte im Vorfeld, die Fahrräder aus Sicherheitsgründen daheim zu lassen, wurde von vielen ignoriert. Ein großer Teil der Demonstration lief neben den Seitentranspis, was ein großes Sicherheitsrisiko, gerade bei einer Demonstration wie der gegen die IFC, darstellt. Zudem verließen viele die Demonstration vor dem Ende. Dies ermöglicht bei jeder Demonstration Angriffe von Neonazis und Repression seitens der Polizei, gerade am Ende von Demos und ist zutiefst unsolidarisch. Das muss beim nächsten Mal anders laufen, wenngleich wir unsicher sind, was wir dafür tun können.
Im Nachgang gab es aber auch Kritik in Kommentarspalten, was sagt ihr dazu?
- Laura: Es ist erstmal postiv wenn sich zu einer Demonstration und deren Ablauf geäußert wird. Gerade für eine Nachbereitung ist Feedback immer wichtig. Dennoch scheint es ein Missverständnis zu geben. Eine Demonstration ist für uns nicht etwas starr vorgegebenes von möglichen Organisator_innen oder aufrufenden Gruppen, sie lebt von der Beteiligung aller Menschen, die an ihr teilnehmen. Leider findet dies jedoch kaum noch statt, weder in einer Vorbereitung, noch am Tag selber. Eigenes Material wie Transparente oder Schilder werden kaum bis gar nicht mitgebracht. Dabei sind dies Elemente um Inhalte zu vermitteln, zudem kommt die Funktion des Selbstschutzes in gewissen Situationen. Selbst schon vorbereitetes Material zu tragen ist für viele schon zu “anstrengend”. Durchgängig werden Demos von den meisten eigentlich nur noch konsumiert und wenn es nicht so läuft oder hip ist wie erwartet, dann sind die Veranstalter_innen schuld, dabei sind diese, und auch wir, keine “Eventplaner_innen”.
- Roman: Wir halten auch nichts davon, dass eine Moderation oder andere Leute in der Demonstration dauernd die Menschen auffordern müssen, irgendwas zu rufen oder etwas vorgeben. Entweder die Leute wollen etwas sagen und haben eine Botschaft oder sie lassen es. Dabei ist es nicht nur Leipzig für die Lautstärke der Demo schon länger egal, ob aus dem Lautsprecherwagen Musik kommt oder nicht. Offensichtlich gibt es ein Problem der Organisierung. Die meisten Menschen in Leipzig sind es nicht und jene, die in Gruppen organisiert sind, wirken auf Demonstrationen auch nicht vorbereiteter als jene ohne feste Gruppe. Linke und antifaschistische Politik ist für uns jedoch kein Hobby und eine Demo kein Nachmittags-Spaziergang, wir würden es gerne sehen, wenn dies auch bei den Demonstrationen zum Ausdruck kommt.
Hattet ihr konkrete Kampagnenziele? Wie sah eure Kampagnenstrategie aus?
- Laura: Wir wollten Öffentlichkeit über die Veranstaltung und die dahinter steckenden rechten Strukturen und Netzwerke vermitteln und am Tag selbst natürlich ein Störfaktor sein. Wo wir den Nazis Probleme bereiten können, sollten wir dies auch tun. Ärgerlich war es auch, dass die vorherigen Veranstaltungen der letzten Jahre nahzu ohne antifaschistische Intervention über die Bühne gingen, das wollten wir ändern. Zudem wollten wir gern eine politische Kritik an reaktionären und rechten Banden und Schlägertrupps üben und zugleich deren weitreichende Netzwerke öffentlich aufzeigen. Uns ging mitunter auch darum, innerhalb der eigenen Kreise klarzumachen, dass eine theoretische und praktische Kritik von Männerbanden und rechten Netzwerken unerlässlich ist, wenn wir eine befreite, von unten nach oben organisierte Gesellschaft erkämpfen wollen.
- Roman: Wir haben versucht, der IFC die – immer schon unglaubwürdige – “unpolitische Maske” vollends zu entreißen. Zunächst haben wir Sponsoren und den Veranstaltungsort über die politischen Aktivitäten des Imperium Fight Team informiert. Von zwei Sponsoren kam direkt eine Resonanz. Löwen Sicherheit und Holsten Pils sind ausgestiegen. Weniger Erfolg hatten wir beim Veranstaltungsort Kohlrabizirkus. Die haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, uns zu antworten. Über die LVZ haben sie dann später verlautbaren lassen, sie würden dieses Event aus Gründen der politischen Ausgewogenheit stattfinden lassen. Damit hat man sich sogar eingestanden, dass es ein rechtes Event ist. Danach haben wir dann eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der wir noch einmal aufgezählt haben, welche Imperium-Kämpfer laut den Ermittlungsakten am 11.1. dabei waren. Es handelte sich um Christopher H., Timo F., Marcus K. und Tim Z. Darauf gab es eine deutlich breitere Resonanz als auf unsere ersten Veröffentlichungen. Den Mythos von der IFC als “unpolitisches Sportereignis” haben wir nachhaltig zerstört. Einen Rauswurf der IFC durch aus den Veranstaltungsort konnten wir leider nicht herbeiführen.
Hat der 27.8. weitere Erkenntnisse über die Imperium Fighting Championship ans Tageslicht gebracht?
- Laura: Nicht im großen Stil. Die meisten Erwartungen sind eingetroffen. Unter den Zuschauern wurden bekannte Nazis wie etwa Riccardo Sturm gesehen. Auch Legida-Ordner Ronny U. war mit von der Partie. Und die Richtigkeit der antifaschistische Demonstration gegen Yakuza in Leipzig wurde noch einmal durch das Publikum der IFC bestätigt, war die Marke doch sehr präsent. Weiteres wird noch auszuwerten sein.
Am Vorabend der Demo griffen 20-30 Nazis das IfZ an. Wie bewertet ihr das?
- Roman: Selbstverständlich lassen sich derartige Angriffe selten präzise vorhersagen. Allerdings war durch die Ausrichtung der IFC zwischen Südvorstadt und Connewitz Stress vorprogrammiert. Es war ja klar, dass die Nazis es sich nicht nehmen lassen würden, ihr vermeintliches Revier im Kohlrabizirkus zu markieren. Somit kann sich – wie wir ja bereits geschrieben haben – das IfZ herzlich beim Kohlrabizirkus für den Nazi-Angriff bedanken. Die Verantwortlichen des Kohlrabizirkus haben sich zu Mittätern gemacht, in dem sie rechten Gewalttätern den roten Teppich ausgerollt haben.
Laut der Polizei gab es diesen Nazi-Angriff ja überhaupt nicht…
- Laura: Die Polizei-Kommunikation nach dem Angriff auf das IfZ ist mehr als absurd, passt aber sehr zur Leipziger Polizei und deren Presseabteilung. Zwischenzeitlich ließ man über die LVZ ja sogar verlautbaren, “alle Aktivität an den Abend” sei “von Linksextremisten” ausgegangen. Gleichzeitig behauptete man, die Nazis, die ins IfZ eindringen wollten, seien zutrittsbefugte Sicherheitsmitarbeiter gewesen. Bei dieser Behauptung fragt man sich, ob die Verantwortlichen bei der Polizei-Pressestelle einfach besonders dreist oder besonders dumm sind. Wenn man sich den Imperium-Sponsor “Pro GSL Security” anguckt, deren Geschäftsführer am 11. Januar beim Angriff auf Connewitz mit von der Partie war, dann weiß man, was für “Securities” bei so einem Event herumlaufen. Und selbstverständlich sind die Nazi-Securities nicht befugt, die IfZ-Räumlichkeiten zu betreten. Schon gar nicht mit Eisenstangen bewaffnet. Umso trauriger, dass Teile der Presselandschaft auf diese Masche hereinfallen und den haltlosen Unterstellungen der Polizei ungeprüft Glauben schenken. Neu ist dies aber auch nicht.
Wie geht es jetzt mit der Kampagne “Rechte Netzwerke zerschlagen!” weiter?
- Roman: Wir bleiben weiter wachsam und aktiv. Sollte es einen weiteren Versuch geben, eine Imperium Fighting Championship in Leipzig durchzuführen, werden wir wieder am Start sein.
- Laura: Auch zu anderen Gelegenheiten wird unsere Kampagne politische Aktivitäten entfalten. Wir haben uns sicherlich auch nicht das letzte Mal zum Januar-Angriff auf Connewitz zu Wort gemeldet. Und auch andere rechte Netzwerke sind für uns interessant. Sei es im Kampfsport-, Hooligan- oder anderen Milieus. Mit uns wird in jedem Fall noch zu rechnen sein!