Wir haben auf der Demonstration des Bündnis 8. März zum Frauen*kampftag 2015 einen Redebeitrag gehalten, der hier noch einmal nachgelesen werden kann:
Kapitalismus und Patriarchat.
Um auch nur eins von beiden zu erklären, bräuchte es mehr Redebeiträge als eine Demo verkraften könnte. Trotzdem möchten wir versuchen, uns dem Verhältnis beider zumindest anzunähern. Wir wollen deutlich machen, warum es immer und überall gilt, gegen sie zu kämpfen.
Beinahe ständig ordnen wir Menschen unbewusst in die zwei Kategorien ‘männlich’ und ‘weiblich’ ein. Aber nicht nur Menschen, selbst vor Dingen macht diese Kategorisierung dank Farbcodes oder ausgeklügelter Werbe-Kampagnen keinen Halt. Da wird ein Spielzeugwerkzeugkoffer in der Farbgebung rosa plötzlich zu einem Mädchenprodukt. Kinderkleidung der großen Schwester darf der kleine Bruder nicht tragen, und schon hat sich der Markt verdoppelt. Uns ist natürlich klar, dass kein Werbemensch allein die Verantwortung für das Geschlechterverhältnis trägt, aber die patriarchalen Strukturen werden kapitalistisch verwertet. Wir verstehen den Kapitalismus als strukturelles Problem. Genauso verstehen wir das Patriarchat als strukturelles Problem. Wir wachsen in beiden auf. Beide Strukturen bestimmen unser Leben und unser Miteinander von Geburt an. Sie schreiben sich in unser Denken, in unser Handeln und in unsere Körper ein. Sie sind so allgegenwärtig, dass sie natürlich scheinen. Es fällt uns noch nicht mal auf, dass wir sie unbewusst reproduzieren.
Auf der einen Seite steht das Weibliche als vermeintlich passiv, emotional und irrational. Auf der anderen Seite das Männliche als angeblich rational, durchsetzungsfähig und natürlich aktiv. Diese Bilder scheinen vielleicht etwas veraltet, da durch zahlreiche feministische Kämpfe uns als Individuen mehr persönliche Freiheiten zustehen. Trotzdem werden diese Ideale von Männlein und Weiblein immer wieder artikuliert und das nicht nur zum Spaß.
Mit dem Kapitalismus etablierte sich neben der Warenproduktion auch eine Teilung der Gesellschaft in eine öffentliche und eine private Sphäre. In der öffentlichen Sphäre vollzieht sich die Produktion und damit die Verwertung. Außerdem spielt sich hier die ganze staatliche Organisation ab, die zwar immer wieder versucht in das Private einzugreifen, aber dies nur vermittelt tun kann. Dieser Bereich wird mit typisch männlichen Eigenschaften assoziiert und bis vor wenigen Jahrzehnten waren Frauen davon weitestgehend ausgeschlossen. Der Familienvater geht ins Büro und verdient den Lebensunterhalt außerhalb seines Hauses.
Das Private fungiert als Kontrapunkt in dem sich der Mann nach getaner Lohnarbeit durch die Ausbeutung weiblicher Fürsorge erholen kann. Wer es sich leisten kann, greift hierfür mittlerweile auf weibliche Arbeitskräfte zurück. Sodass die deutsche Mittelschichtsfrau zwar nicht mehr in vollem Umfang für die Reproduktion ihres Mannes verantwortlich ist, aber das Geschlechterverhältnis weiter unangetastet bleibt. Wer als Putzfrau arbeitet, wird jedoch auch weiterhin zuhause selber putzen müssen. Die vermeintliche Emanzipation muss man sich erstmal leisten können.
Hier offenbart sich einmal mehr, wie klein die bisher gemachten Erfolge gemessen an der Abartigkeit und Unmenschlichkeit dieser Gesellschaft sind. Jede Verbesserung, so wichtig sie auch für die Betroffenen ist, birgt die Gefahr, dass sie auf dem Rücken noch weniger privilegierter Menschen ausgetragen wird. Aber auch an anderen Stellen wollen wir die Verflechtung von Kapitalismus und Patriarchat kritisieren. Sei es der gender pay gap, die Vermarktung von Schönheitsidealen zu Werbezwecken oder als Produkt, oder die Aufteilung in klassische Männerberufe.
Kapitalismus und Patriarchat sind so eng miteinander verflochten und stabilisieren sich derart gegenseitig, dass unser Kampf sich gegen beide gleichermaßen richten muss. Ansonsten läuft man Gefahr, dass eine Errungenschaft gegen eine der Strukturen, ein Erstarken der anderen zur Folge hat. Die feministischen Kämpfe der Vergangenheit waren wichtig. Wir alle profitieren davon. Wir wollen an die radikalen Kämpfe anschließen. Wir wollen gegen das ganze kämpfen, Kapitalismus und Patriarchat.
Feministische Kämpfe die innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft nur Reformen anstreben sind uns nicht genug. Gerade in der Krise offenbart sich, wie brüchig solche Reformen sind. So sind die Aufmärsche gegen den Bildungsplan in Stuttgart und Hamburg oder das Lamentieren über den ‘Genderwahn’ von PEGIDA und Co Ausdruck des Wunsches durch traditionelle Geschlechterrollen wieder ein bisschen Ordnung in das systemische Chaos des Kapitalismus zu bringen.
Auch dagegen sind wir heute auf der Straße und auch der Kampf morgen gegen Legida ist ein feministischer.
Staat, Nation, Kapital, Patriarchat, Scheiße!
Für den Feminismus! Für den Kommunismus!