In ganz Europa bringen sich derzeit rechte Parteien gegen die Europäische Union und den Euro in Stellung. Sie greifen den allgegenwärtigen Unmut über die europäische Krisenpolitik auf und propagieren die Rückbesinnung auf’s Nationale. Nationalismus als Alternative zur autoritären EU-Politik? Vielen Dank, dieses Angebot weisen wir entschieden zurück. Stattdessen rufen wir alle, die wie wir keine Lust auf nationalistische Ausgrenzung und autoritäre Politik von oben haben, auf, vor der Europawahl am 25. Mai ein Zeichen gegen Nationalismus, Austeritätspolitik und Wettbewerbsdiktat zu setzen und gegen den rechtspopulistischen Vormarsch aktiv zu werden. Für eine solidarische Perspektive jenseits nationaler Grenzen und kapitalistischer Verwertungszwänge.
Überall dasselbe
In Frankreich ist es der FN, in Österreich die FPÖ, in Großbritannien die UKIP und in Deutschland die AfD. So unterschiedlich die rechten Parteien in Europa auf den ersten Blick sind, ihnen allen ist eins gemein: Sie grenzen sich ab von der Politik der Europäischen Union und der europäischen Regierungen, denen sie vorwerfen, sich nicht um die „Interessen des Volkes“ zu kümmern. Als Alternative versprechen sie die Bevorzugung des eigenen nationalen Kollektivs gegenüber dem Rest der Menschheit. Das kommt bei vielen gut an. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich dieser Vorwurf jedoch als populistischer Schachzug. Denn für die deutsche Bundesregierung ist der nationale Standorterfolg genauso Maßstab aller Politik, wie für die französische, die österreichische oder die britische. Einen Unterschied gibt es nur: Die aktuelle Bundesregierung ist bereit, im Austausch für Freihandel, Privatisierung, Deregulierung von Arbeitsmärkten und Dumpingwettbewerb in gewissem Maße auch Grundrechte, wie z.B. (innerhalb der EU) die Reise- und Niederlassungsfreiheit, zu gewähren und bestimmte Entscheidungskompetenzen an die EU abzutreten. Währenddessen setzt die AfD, genau wie andere europäische Rechte, auf die kompromisslose Abschottung des Nationalstaats. Sie will die Zeit zurückdrehen und würde wohl am liebsten die Reichsmark wieder einführen. Denn dem Rechtspopulismus geht es weniger um die pragmatische Verwaltung des Bestehenden als um nationale Identität und die Simulation politischer Handlungsfähigkeit. Insofern ist er keine wirkliche Alternative, sondern eher ein politisches Symptom der Widersprüche des europäischen Kapitalismus.
Weltmarktkonkurrenz vs. nationale Abschottung?
Die Wahl zwischen nationaler Abschottung und Weltmarktkonkurrenz ist die zwischen Pest und Cholera. Was die europäischen Rechten als Alternative verkaufen wollen, ist keine. Denn dem europäischen Krisenregime, der Sparpolitik, und dem Standortwettbewerb setzen sie die Rückkehr zum Nationalstaat samt patriarchaler Kleinfamilie und autoritärer Elitenherrschaft entgegen. Auf die sich verschlechternde Lebensrealität vieler Menschen in Europa antworten die aggressiv gewordenen Kleinbürger mit den Gartenzwergträumen nationaler Enge. Diese richten sich letztendlich immer gegen alle und alles, was den „nationalen Interessen“ angeblich nicht entspricht: „Pleite-Griechen“, „Armutseinwanderer“, „Lampedusa-Flüchtlinge“, „die homosexuellen-Lobby“, usw. usf. . Doch wenn wir vorschlagen, die AfD vor der Europawahl aufs antifaschistische Korn zu nehmen, dann nicht deshalb, weil es sich bei ihr einfach um Oldschool-Nazis handelt. Im Gegenteil: Gerade, weil sie sich nicht so dumm verhält wie die NPD, schafft es die AfD den Unmut über die herrschende EU-Politik einzufangen und in nationalistische Bahnen zu lenken. Indem sie soziale Konflikte auf vermeintlich seriöse Art in nationale umdeutet, verbreitert sie die gesellschaftliche Basis für autoritäre Vorstellungen und reaktionäre politische „Lösungen“. Damit erhöht sie den Druck auf die etablierten Parteien das nationale Standortinteresse noch aggressiver durchzusetzen. Diese haben in der Vergangenheit bereits zur Genüge bewiesen, dass sie gerne bereit sind rechte Ressentiments und autoritäre Politik in ihre Reihen zu integrieren. Man denke etwa an den SPDler Thilo Sarrazin, den Umgang der Hamburger SPD mit den Lampedusa-Flüchtlingen oder die Hetze der CDU/CSU gegen „faule Südeuropäer“, „Armutseinwanderer“ und „Doppelpass“. Was es deshalb braucht ist eine antifaschistische Intervention, die nationalistische Angebote rechter Parteien in Europa delegitimiert und gleichzeitig Perspektiven jenseits von Sparprogrammen, sozialen Kürzungen, Lohndumping und Wettbewerbspolitik aufzeigt.
Unsere Alternative: Grenzübergreifende Solidarität
Es gibt durchaus Alternativen zur schlechten Realität des europäischen Kapitalismus und der autoritären EU-Politik, die nicht auf Ausgrenzung, Nationalismus, Rassismus und Sexismus bauen. In den letzten Jahren haben eine Reihe von sozialen Bewegungen in Europa und darüber hinaus deutlich gemacht, dass sie vom Leben mehr erwarten als Arbeit unter schlechten Bedingungen, bei schlechter Bezahlung und mangelnder sozialer Absicherung. Auch haben diese Bewegungen immer wieder gezeigt, dass sie unter „Demokratie“ mehr verstehen, als einmal in vier Jahren die Stimme abzugeben – sie wollen ihr Schicksal selbst bestimmen. In Deutschland gab es mit M31 und Blockupy Versuche, eine grenzübergreifende Vernetzung der emanzipatorischen Kräfte dieser Bewegungen zu schaffen. Daran möchten nun die internationalen Aktionstage im Mai anknüpfen. Für die antifaschistische Linke ist das eine doppelte Chance: Hier können wir praktisch deutlich machen, dass wir weder die neoliberale Ausbeutungspolitik von Merkel und Co. noch die nationalistische Ausgrenzungspolitik der europäischen Rechten akzeptieren werden.
Time to act
Unser Vorschlag an die antifaschistische Linke ist daher denkbar einfach: Nutzen wir die internationalen Blockupy-Aktionstage im Mai und den Europawahlkampf um rechte Akteure wie die AfD zu markieren, ihre nationalistischen Angebote zu delegitimieren und solidarische Perspektiven aufzuzeigen. Machen wir den Zusammenhang zwischen der autoritären Krisenverwaltung der Mitte und dem Rechtsruck in Europa deutlich. Erteilen wir den unterschiedlichen Varianten nationaler Interessenspolitik und rassistischer Hetze eine nachhaltige Absage. Zeigen wir, dass eine andere Welt als bessere möglich ist: ein gutes Leben für alle, jenseits staatlicher Grenzen, nationalistischer Spaltungen und den Verwertungszwängen des Kapitals.
Konkret heißt das für das Erste:
Am 16. Mai besuchen wir im Rahmen des dezentralen Aktionstages unsere örtlichen Rechtspopulisten.
Am 17. Mai setzen wir ein antifaschistisches & antirassistisches Zeichen bei Blockupy-Deportation Airport II am Abschiebeflughafen in Düsseldorf, sowie bei den Demos in Hamburg, Berlin und Stuttgart.
Im Europawahlkampf stören und begleiten wir die Veranstaltungen der AfD und anderer Rechter kritisch.
Start der Antifa-Kampagne “Nationalismus ist keine Alternative!”
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