Heute am 23. Juni 2019 haben sich 50 Personen zu einer Gedenkveranstaltung für die antifaschistische Widerstandskämpferin Lilo Herrmann im Lilo-Herrmann-Park versammelt. Wir hatten den Aufruf einiger Genoss_innen zu dieser Versammlung beworben und veröffentlichen nun gern einen Aktionsbericht mit Fotos.
Nach und nach trafen ab 14 Uhr die Teilnehmer_innen des Lilo-Herrmann-Gedenkens auf der Wiese im Lilo-Herrmann-Park ein. Die kleine Gruppe von Menschen, die die Kundgebung organisiert hatte, nachdem sie aus politischer Neugier der nach der Namensgeberin des Parks recherchiert hatten, hatte einiges aufgefahren. Kaffee, Kuchen, Quiche, kleine Törtchen teils mit Hammer-und-Sichel-Verzierung, sogar eine Tischtennisplatte wurde eigens für die Veranstaltung aufgebaut. Zwischen zwei Bäumen war ein Transparent mit einem Zitat Lilo Herrmanns aufgespannt, in dem sie definierte, was für die Kommunismus bedeutete: “Das größtmögliche Glück für die größtmögliche Menge.” Eine kleine, ebenfalls eigens aufgebaute Ausstellung informierte über den Werdegang der Kommunistin und Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime bis hin zu ihrer Hinrichtung. An einem Baum wurden ein Kranz und eine Gedenktafel angebracht. Heute wäre Lilo Herrmanns 110. Geburtstag gewesen.
Dass es überhaupt nötig war, hier eine Tafel anzubringen ist ein Skandal für sich. Ein Besucher der Veranstaltung erzählte uns, wie er zu DDR-Zeiten in Reudnitz aufgewachsen war und als Kind im Park gespielt hatte. In der BRD hatte man das Gedenken verkümmern lassen, nichts weist mehr auf den Hintergrund der Namensgeberin des Lilo-Herrmann-Parks hin.
Die entspannte Athmosphäre, in der Menschen Kaffee und Kuchen zu sich nahmen, Tischtennis spielten, im Gras saßen und das mole-Magazin lasen, wurde immer wieder durch kurze Phasen der Konzentration auf die insgesamt vier Redebeiträge unterbrochen. Die Veranstalter_innen hielten eine informative, empathische und politisch sehr reflektierte Rede zum Leben Lilo Herrmanns, der Notwendigkeit antifaschistischen Gedenkens in Zeiten des Rechtsrucks sowie der instrumentalisierenden DDR-Geschichtspolitik und ihrem ignorierenden Pendant in der BRD. Die Gruppe »the future is unwritten« trug eine Rede in Gedenken an die Kölner Edelweißpiratin Mucki Koch vor. Eine Genossin sprach zu den Herausforderungen, die es mit sich bringt als Frau in einer sexistischen Gesellschaft linkspolitisch aktiv zu sein und forderte abschließend in Abwandlung eines Zitates der Schwarzen Feministin Pat Parker: “Vergiss, dass Lilo Herrmann eine Frau war, aber vergiss niemals, dass Lilo Herrmann eine Frau war.” Abschließend hielten zwei Genoss_innen noch eine leicht abgewandelte Fassung einer geschichtspolitischen Rede der Gruppe »the future is unwritten«, die bereits im vergangenen Jahr bei einem Stadtteilspaziergang gegen den Nazi-Treff im ehemaligen Frauen-KZ in der Kamenzer Straße gehalten wurde.
Das Lilo-Herrmann-Gedenken gehörte nicht zu den kräftezehrenden Pflichtterminen, die zweifelsohne Teil jedes antifaschistischen Engagement sind. Es war eine Veranstaltung mit klarem politischen Inhalt und inhaltlich meinungsstarken Redebeiträgen, aber auch mit viel Engagement im Erinnern an Lilo Herrmann. Es war zugleich fast eine richtige Geburtstagsfeier für Lilo Herrmann. Ein Nachmittag des persönlichen Austausches und der Erholung von den kräftezehrenden Auseinandersetzungen dieser Tage. Das größtmögliche Glück für die größtmögliche Menge – das bleibt unser Auftrag. Der heutige Tag war nicht nur eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Dank Lilo Herrmann war er auch ein Gruß aus der Zukunft!