Diese Zustände sind Ausdruck von Kräfteverhältnissen, auf die wir aktiv Einfluss nehmen könnten. Um sie in unserem Sinne zu verändern müssen wir das sogar. Niedrige Löhne und miese Arbeitsbedingungen sind dabei nicht das Ergebnis der „Böswilligkeit“ des Chefs, sondern in seinem Interesse nach Profit zu wirtschaften. Ohne diesen würde er seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber andere Unternehmen verlieren und droht damit bankrott zu gehen. Löhne als Kostenfaktor sind daher ein für die Kapitalist*innen lästiges Übel, um ihr investiertes Kapital verwerten zu können. Gegen diesen „Klassenkampf von oben“ können wir uns nur wehren, wenn wir anfangen uns gemeinsam zu wehren. Der Kampf um höhere Löhne, mehr Mitbestimmungsrechte, längeren Urlaub, usw. lässt sich nur gemeinsam erfolgreich durchsetzen. Der Vorteil dieses gemeinsamen Kampfes ist aber auch, dass alle Beteiligten von solchen Auseinandersetzungen profitieren können – vorausgesetzt sie sind erfolgreich!
Dieses Prinzip von „sozialen Kämpfen“, also dem Ringen um unsere Stellung und Handlungsoptionen innerhalb der Gesellschaft, ist das Resultat der gesellschaftlichen Widersprüche, die vorherrschen. Unser Alltag, unsere „privaten“ Beziehungen sind politisch. In Alltagskämpfen besteht die Möglichkeit, dass sich ein Bewusstsein über die eigene gesellschaftliche Position entwickelt. Und wenn wir diese Kämpfe nicht bewusst führen, führt die Gegenseite sie auch ohne unser Wissen weiter – und letztendlich gewinnt sie damit meistens. Einer dieser Widersprüche ist der oben aufgezeigte zwischen Kapitalist*innen und Lohnabhängigen. Aber wie bereits angedeutet können Interessenkonflikte zum Beispiel im Mietverhältnis ebenso auftreten, in dem man selbst eine möglichst passende Wohnung für wenig Miete verlangt, während die Vermieter*innen versuchen die Preise zu erhöhen. Der Staat setzt dabei mittels seiner Gesetze das „Recht auf Eigentum“ und schließt damit faktisch alle vom täglich produzierten Reichtum in der Gesellschaft aus, solange sie keine dazugehörigen Eigentumstitel besitzen. Um an die nötigen Dinge zu kommen, muss man eben dafür Zahlkraft besitzen. Und wenn man das nicht kann, hat man Pech gehabt. Auch hier sollen wir als Mieter*innen kein Mitspracherecht über das Prinzip von Mietverträgen, unserer Wohnsituation, usw. bekommen. Allein daher schon ist eine Gesellschaft, in der wir alle am produzierten Reichtum teilhaben können und darüber bestimmen wie er zustande kommt, nur ohne Staat und Kapitalismus zu haben.
Die Selbstorganisation in sozialen Kämpfen ist für uns daher kein reiner Selbstzweck, sondern ein Mittel, um 1) zunächst unseren Alltag möglichst erträglich zu gestalten und 2) emanzipatorischere Strukturen bereits im Kapitalismus einzuüben, die Rahmenbedingungen einer befreiten Gesellschaft bilden können. Das Führen von Auseinandersetzungen im Hier & Jetzt sowie eine revolutionäre Perspektive auf Überwindung des Kapitalverhältnisses gehören dabei untrennbar zusammen. Soziale Kämpfe ohne die Ursachen dieser Konflikte anzutasten führt zu Kämpfen gegen Windmühlen. Wir wollen daher anfangen die einzelnen Kämpfe entlang unserer Interessen führen und sie in eine größere gesamtgesellschaftliche Strategie einbinden.
Unser Bestreben ist es nicht nur von außen in Kämpfe zu „intervenieren“, sondern das eigene Leben als politisch zu begreifen und zu führen. Das bedeutet die Teilnahme an sozialen Kämpfen auch in Kontexten, die uns persönlich betreffen: Lohnarbeits-, Wohn-, Studien-, Ausbildungsverhältnisse und viele mehr. Notwendig ist eine Thematisierung und gesellschaftliche Führung solcher Auseinandersetzungen, um diese überhaupt auf die Agenda zu setzen. Das kann die Grundlage sein sich gemeinsam mit anderen zu organisieren, um schlagkräftiger zu werden, um seine Interessen zu erkämpfen, um perspektivisch Staat und Kapital nicht mehr zwischen sich und seinen Bedürfnissen stehen zu haben. Der Kommunismus ist daher keine bloße Utopie, sondern unsere Praxis des Kämpfens für ein besseres Leben.
Wir sind unserem Anspruch nach offen für alle, die sich mit uns auf die Suche nach Möglichkeiten widerständigen Handelns aufmachen wollen. Bislang ist uns als radikale Linke die eigene Schwäche nur allzu bewusst, doch wir wachsen an unseren Ansprüchen. Wir wollen mit euch über den Inhalt dieses Flugblatts ins Gespräch kommen – etwa bei unserer Veranstaltung mit der Basisgewerkschaft unter_bau am 14.10. an der Uni. Wie können wir anfangen gemeinsam unser Leben entlang unserer Bedürfnisse und Interessen zu realisieren? Sprecht uns auf dem Campus an, kommt zu unseren Veranstaltungen oder schreibt uns. Nur sofern wir über unsere persönlichen Lebenslagen ins Gespräch kommen und uns vernetzen, kann daraus eine Überwindung der Vereinzelung entstehen!