Von Juni bis Mai wollen wir anlässlich der 20. Jährung der de-facto-Abschaffung des Grundrechts auf Asyl zu einer Veranstaltungsreihe unter dem Titel “Das bisschen Totschlag” einladen. Insgesamt sind 5 Veranstaltungen geplant sowie eine Beteiligung an der Fight Racism now!–Demonstration in Berlin am 25. Mai. Dafür wird aus Leipzig ein Bus nach Berlin fahren. Die Tickets gibt’s ab 06.05. im El Libro, der Vleischerei und dem Lazy Dog. Weitere Infos folgen. Die Veranstaltungen der Reihe findet ihr unten im Überblick.
Außerdem organisiert der Leipziger Ableger der Kampagne Rassismus tötet! vom 11. bis 18. Mai antirassistische Aktionstage, auf die wir ebenfalls gern verweisen. Da sich 2013 auch der Brandanschlag von Solingen zum 20. Mal jährt, wird am 25. Mai ebenfalls von Leipzig ein Bus nach Solingen fahren. Infos dazu gibt’s auf der Rassismus tötet! Leipzig-Seite.
Veranstaltungen: „Das bisschen Totschlag“
Veranstaltungsreihe zum Zusammenhang von Kapitalismus, Rassismus und Migrationspolitik anlässlich der 20. Jährung der de facto-Abschaffung des Asylrechts in Deutschland.
Überlegenheitsgefühle integriert – Zum Wandel des Rassismus in der Krise
Vortrag und Diskussion mit JustIn Monday (Autor für Phase 2 und Jungle World)
Do. 02.05.13 | 19 Uhr | GWZ 2.010
Fast schon ein linker Gemeinplatz ist die Behauptung eines Zusammenhangs von individueller Verelendung und rassistischem Denken und Handeln. Nicht selten taugen gar Behauptungen von sozialer Unzufriedenheit als Nährboden für Rassismus zur Legitimation für selbigen. Die Verknüpfung von Rassismus und Krise lässt sich aber nicht statisch konstatieren. Wichtig für eine Erklärung des Zusammenhangs ist vielmehr, dass Rassismus sich historisch in kapitalistischen Krisen jeweils wieder erneuert und verändert hat und daher auch selbst in sich widersprüchliche Formen – vom Kolonialrassismus des 19. Jahrhunderts bis zur Rassenbiologie des Nationalsozialismus – angenommen hat. Diesem Sachverhalt steht auch eine antirassistische Theorie relativ begriffslos gegenüber, wenn sie Rassismus als eigenständige Herrschaftspraxis zwar richtigerweise einem marxistischen Ökonomismus gegenüberstellt, darüber aber jeglichen Zusammenhang zur ökonomischen Realität verliert und schlichtweg alle Formen von Diskriminierung als Rassismus bezeichnet ohne ihre unterschiedlichen Konstitutionsbedingungen zu betrachten. Demgegenüber wird im Vortrag die Dynamik des Wandels des Rassismus selbst untersucht werden, um diese dann in Relation zum krisenhaften Verwertungsprozess des Kapitals und seiner Geschichte zu bringen. Schwerpunkt werden dabei auch aktuelle Ereignisse wie die NSU Mordserie oder die Sarrazin Debatte sein.
Zur Kritik nationaler und transnationaler Migrationspolitik
Vortrag und Diskussion mit Dr. John Kannankulam (Uni Marburg)
Do. 16.05.13 | 19 Uhr | Conne Island
Migration ist ein wesentlicher Bestandteil der kapitalistischen Produktionsweise und stellt diese vor immer neue Herausforderungen. An den europäischen Außengrenzen sterben Jahr für Jahr tausende Menschen, doch trotz massiver Abschottung gelingt vielen die Einreise in ein Europa, das die Geflüchteten systematisch nach dem Grad ihrer Produktivität aussortiert und entrechtet.
Die europäische Integration hat eine Migrationspolitik hervorgebracht, welche klassische staatstheoretische Argumentationen vor neue Überlegungen stellt. Bedeutet diese doch die Herausbildung eines den Nationen überlagerndes Territoriums, einer transnationalen Bevölkerungsregulierung sowie die Verschiebung von Gewaltmonopol und Staatsbürgerschaft.
Der Vortrag soll sich aus einer kritisch-materialistischen Perspektive mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen und dabei auch auf die Fragen eingehen, welche Konsequenzen sich aus staatstheoretischer Sicht für eine emanzipatorische linke Praxis ergeben können.
Postkoloniale Theorien und Rassismus
Vortrag und Diskussion mit Dr. Kien Ngi Ha (u.a. Autor von „Hype um Hybridität. Kultureller Differenzkonsum und postmoderne Verwertungstechniken im Spätkapitalismus“)
Di. 28.05.13 | 19 Uhr | Ort: Hörsaalgebäude – t.b.a.*
Von der Frage der Entstehung rassistischer Diskurse und Praxen und ihrer permanenten gesellschaftlichen Reproduktion, nähern sich Postkoloniale Theorien dem Status Quo ausgehend vom historischen Ereignis der Kolonialisierung der Welt, welche im 18./ 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt fand. Die europäische Expansion ist konstitutiv verbunden mit dem Siegeszug der kapitalistischen Produktionsweise als gegenwärtiges abstraktes Herrschaftsverhältnis und der Entstehung rassistischer Ideologien. Versklavung, Folter und Mord wurden legitimiert durch die Klassifizierung der Menschheit. Die bürgerliche Gesellschaft Europas, als vermeintliches Zivilisationszentrum definierte in Abgrenzung das andere Subjekt, in welches das Infantile, das Triebhafte und das Primitive projiziert wurde – das Gegenteil des tugendhaften, rationalen und zivilisierten bürgerlichen Subjekts. Postkoloniale Theorien bestimmen ausgehend von der Entstehung der Moderne, Kontinuitäten kolonialer Herrschaft in der heutigen Zeit. Wie wirken koloniale Muster heute? Was für Identitäten und Kulturen entstanden durch die Kolonialisierung und warum werden diese gegenwärtig immer noch rassistisch und ausgrenzend gesellschaftlich reproduziert?
Wertkritik und Rassismus – Zur Genesis von Rassismus im bürgerlichen Bewusstsein
Vortrag und Diskussion mit zwei Vertretern der Gruppe the future is unwritten
Mi. 05.06.13 / 19 Uhr / B12
Während im allgemeinen Bewusstsein Rassismus oftmals als schlichtes Vorurteil oder Angst vor dem Anderen und Fremden verstanden wird, erscheint er im schematischen Weltbild orthodoxer Klassenkämpfer als unmittelbare Herrschaftsmethode der Bourgeoisie. Dabei bleiben alle Erklärungsansätze einer wirklichen Auseinandersetzungen mit den Bedingungen der Möglichkeit von Rassismus im bürgerlichen Bewusstsein fern, indem sie ihn schlichtweg als mehr oder weniger komplexe Diskriminierungsform, die Herrschaft produziert, darstellen; ihn aber in seiner konstitutiven und formalen Genesis begrifflich nicht fassen. Demgegenüber möchte der Vortrag ausgehend von der Annahme, dass das gesellschaftliche Verhältnis der Menschen im Kapitalismus als gesellschaftliche Beziehung der Waren erscheint und dieses Verhältnis die basale Konstitutionsbedingung der bürgerlichen Gesellschaft ist, eine Bestimmung rassistischer Ideologie aus der Wert- und Warenförmigkeit des Kapitalismus versuchen zu leisten.
Rasse und Individuum
Vortrag und Diskussion mit Clemens Nachtmann (Redakteur der Zeitschrift Bahamas und Mitherausgeber von “Kritik der Politik. Johannes Agnoli zum 75. Geburtstag”)
Mo. 08.07.13 | 19 Uhr | Ort: t.b.a.*
Gegen hochnotpeinliche antirassistische Gewissenserforschung, protestantische Moralisiererei und die Selbstrassifizierung des bürgerlichen Individuums als Subalternes pointiert Nachtmann mit Wilde eine “vollendet künstliche Amoral”, die “auf der Einheit des menschlichen Geistes in all seinen unterschiedlichen Formen” beharrt und die Bestechlichkeit des an sich müde gewordenen westlichen Denkens zurückweist, das stets die Perspektive almosenhafter Versöhnung oder schlimmer noch: Das Appeasement mit seinen erklärten Todfeinden – dem Kampf um universelle Befreiung vorzieht. Dem entgegen streicht Nachtmann die Bedeutung einer materialistischen Dechiffrierung des Rassismus heraus, wie sie Adorno und Horkheimer in der Dialektik der Aufklärung leisteten.
* t.b.a.: to be annoucned = Info kommt noch
Wann gibt es die Audiomitschnitte der ersten Veranstaltungen online?
Hallo,
die Aufzeichnungen sind mittlerweile hier zu finden: /index.php/sehen-und-hoeren/