{"id":1907,"date":"2014-10-16T12:51:44","date_gmt":"2014-10-16T11:51:44","guid":{"rendered":"http:\/\/www.unwritten-future.org\/?p=1907"},"modified":"2014-10-16T12:54:06","modified_gmt":"2014-10-16T11:54:06","slug":"redebeitrag-zum-3-oktober","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.unwritten-future.org\/index.php\/redebeitrag-zum-3-oktober\/","title":{"rendered":"Redebeitrag zum 3. Oktober"},"content":{"rendered":"

Wir dokumentieren an dieser Stelle unseren\u00a0Redebeitrag vom Protest gegen die Einheitsfeierlichkeiten 2014 in Hannover als Text und Audiodatei<\/a>.<\/p>\n

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Nirgendwo l\u00e4sst sich die angebliche Vielfalt des hiesigen Parteienspektrums so gut ablesen, wie an ihrem Verh\u00e4ltnis zur Leistung.\u00a0Von der FDP \u00fcber CDU\/CSU und SPD bis hin zu den Gr\u00fcnen sind sich alle darin einig, dass sich Leistung wieder lohnen m\u00fcsse.\u00a0Und selbst die Linkspartei forderte im s\u00e4chsischen Landtagswahlkampf \u201eLeistungswille und Solidarit\u00e4t\u201c.\u00a0Dieser Leistungswille, auf den sich hier berufen wird, ist jedoch das Ergebnis von Erpressung.<\/p>\n

Er ist erpresst durch die Drohung mit Verarmung, sozialer Ausgrenzung und Missachtung, die all Jene trifft, welche zum Wohle des Standorts gegenw\u00e4rtig nichts beitragen k\u00f6nnen oder wollen.
\nEr ist erpresst von Arbeitslosen, die mit 1-\u20ac-Jobs ihre Arbeitsbereitschaft demonstrieren m\u00fcssen, um dem Entzug ihrer Lebensgrundlage zu entgehen, die ohnehin schon knapp bemessen ist.
\nEr ist erpresst von Prek\u00e4ren, Minijobbern, Scheinselbstst\u00e4ndigen und\u00a0LeiharbeiterInnen, die sich gezwungen sehen, die eigene Leistungsf\u00e4higkeit st\u00e4ndig unter Beweis zu stellen.\u00a0Sie tun dies aus Angst. Angst vor dem Abstieg in die Arbeitslosigkeit und auch in der Hoffnung auf eine Festanstellung und den damit scheinbar verbundenen Anschluss an die gesellschaftliche Normalit\u00e4t.<\/p>\n

Bereits bei denen, die als Sch\u00fclerInnen oder Studierende auf die Verwertung am Arbeitsmarkt erst vorbereitet werden sollen, f\u00fchrt das Leistungsprinzip dazu, dass Lerninhalte nicht nach eigenen Erkenntnisinteressen, sondern an den gegebenen Verwertungskriterien ausgerichtet sind.\u00a0Zus\u00e4tzlich f\u00fcllen sie ihre eigene Freizeit mit Sprachkursen und unbezahlten Praktika.<\/p>\n

Der Zugang zu zentralen Ressourcen und Lebensgrundlagen ist an die Bedingungen des Leistungsprinzips gebunden.\u00a0Dieses f\u00fchrt dazu, dass die Vielfalt unserer T\u00e4tigkeiten nach fremd bestimmten Kriterien, letztlich nach den Verwertungsbedingungen der Ware Arbeitskraft, sortiert und beurteilt wird.
\nEs grenzt all die T\u00e4tigkeiten aus, die sich gegenw\u00e4rtig nicht produktiv in Wert setzen lassen.
\nDazu geh\u00f6rt die Pflege unserer sozialen Beziehungen, die Sorgearbeit f\u00fcr uns nahestehende Menschen, unsere politische Organisierung – und nicht zuletzt unser M\u00fc\u00dfiggang.<\/p>\n

Es zwingt uns, die gesamte eigene Lebensgestaltung an den Kriterien cleverer Unternehmensplanung auszurichten.\u00a0Unser Scheitern und unsere Misserfolge erscheinen dabei als individuelles Versagen.\u00a0So werden wir alle in ein Konkurrenzverh\u00e4ltnis zueinander gesetzt, das unsere Zukunfts\u00e4ngste, unsere Unsicherheit, sowie die Ausgrenzung und Abwertung Anderer bef\u00f6rdert.
\nNicht Leistung muss sich wieder lohnen.
\nWir wollen leben und k\u00e4mpfen f\u00fcr all das \u00dcberfl\u00fcssige und Wunderbare, das sich in unseren Beziehungen, unserer politischen Praxis und in unseren Tr\u00e4umen findet.<\/p>\n<\/blockquote>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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