{"id":2253,"date":"2015-12-20T17:16:15","date_gmt":"2015-12-20T16:16:15","guid":{"rendered":"http:\/\/www.unwritten-future.org\/?p=2253"},"modified":"2016-02-18T11:21:49","modified_gmt":"2016-02-18T10:21:49","slug":"leipzig-12-12-auf-der-strasse-gegen-nazis-und-assad-regime","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.unwritten-future.org\/index.php\/leipzig-12-12-auf-der-strasse-gegen-nazis-und-assad-regime\/","title":{"rendered":"Leipzig 12.12.: Auf der Stra\u00dfe gegen Nazis und Assad-Regime"},"content":{"rendered":"

Am 12. Dezember marschierten 200 Nazis von DIE RECHTE, der Offensive f\u00fcr Deutschland und Th\u00fcgIdA 600 Meter durch die Leipziger S\u00fcdvorstadt. Neben dem B\u00fcndnis Leipzig nimmt Platz, der Initiative F\u00fcr das Politische und einigen anderen Organisationen und Gruppierungen haben auch wir eine Gegenkundgebung durchgef\u00fchrt. Auf der Arthur-Hoffmann-Stra\u00dfe zwischen den Kreuzungen Schenkendorfstra\u00dfe und K\u00f6rnerstra\u00dfe f\u00fchrten wir eine Kundgebung unter dem Motto “Nieder mit dem Ba’ath-Regime in Syrien! – Gegen den Naziaufmarsch in Connewitz!” durch. Die Kundgebung befand sich in Sichtweite zum Abschlussort des Naziaufmarsches an der Arthur-Hoffmann-Stra\u00dfe Ecke Arndtstra\u00dfe. Aufgrund des ereignissreichen Tagesverlaufs schwankte die Teilnehmer_innenzahl unserer Gegenkundgebung zwischen 10 und 150 Teilnehmer_innen.<\/p>\n

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Unsere Kundgebung begann bereits um 11 Uhr morgens und sollte antifaschistischen Aktivist_innen einen Anlaufpunkt bei den Aktivit\u00e4ten gegen den Naziaufmarsch bieten. Mobilisiert hatten wir auf deutsch, englisch, kurdisch und arabisch. Weiterhin war es uns wichtig, auf die Provokation der Nazis, sich offen solidarisch mit dem syrischen Regime zu zeigen, zu reagieren. Wir werten den Aufmarsch unter dem Motto “F\u00fcr Frieden und V\u00f6lkerfreundschaft” als eine zynische Provokation gegen Gefl\u00fcchtete insbesondere aus dem Nahen Osten. Mit denjenigen Regimes, vor denen Menschen hier hin fliehen m\u00fcssen, zeigten sich die Nazis am vergangenen Samstag solidarisch. So beendete Alexander Kurth (DIE RECHTE Leipzig) seine Rede mit den Worten “Es lebe Assad!”. Uns ging es am vergangenen Samstag darum, den von uns organisierten Anlaufpunkt mit antinationalen, linksradikalen und transnational-solidarischen Positionen zu verkn\u00fcpfen und zu zeigen, dass wir an der Seite derjenigen stehen wollen, die sich auf der ganzen Welt gegen Patriarchat, Nationalstaat und Kapitalismus und f\u00fcr eine vern\u00fcnftig eingerichtete Gesellschaft einsetzen. Auf der Kundgebung wurden Redebeitr\u00e4ge von den Gruppen Antifa Klein-Paris, Emanzipation & Antifa, von deutsch-syrischen Aktivist_innen und von The Future is Unwritten verlesen. Die Antifa Klein-Paris setzte sich mit der Frage nach antifaschistischer Organisierung auseinander, bei Emanzipation & Antifa ging es um eine Kritik des nationalistisch-autorit\u00e4ren Assad-Regimes und seiner rechten Freunde. Die Rede der deutsch-syrischen Aktivist_innen befasst sich mit den Problemen der vorhandenen oder nicht-vorhandenen Solidarit\u00e4t der deutschen Linken mit emanzipatorischen Bewegungen in Syrien und auf der ganzen Welt. Wir hielten zwei Reden zum Krieg in Syrien. Die eine befasste sich mit der Rolle regionaler und auch globaler Interventionsm\u00e4chte. Die andere kritisierte die Entwicklung in Syrien als Syptom der globalen Krise von Kapitalismus und Nationalstaat. In beiden Reden wurden auch die Akteur_innen des Widerstands gegen Islamismus und arabischen Nationalismus thematisiert.<\/p>\n

Die Polizei verhielt sich entsprechend unserer Erwartungen. Sie agierte aggressiv und provozierend gegen die Teilnehmer_innen unserer Kundgebung; so drohte sie beispielsweise damit unser thematisches Transparent f\u00fcr den heutigen Tag einzuziehen und lie\u00df spontan eine Auflage erlassen, nach der das Transparent explizit unter Kopfh\u00f6he der Tragenden zu halten sei, um eine vermeintliche Rechtsgrundlage zu haben uns schikanieren zu k\u00f6nnen. Das an dem Tag exzessiv von der Polizei verspr\u00fchte Tr\u00e4nengas im Gebiet der S\u00fcdvorstadt zog auch zu unserer Kundgebung her\u00fcber und f\u00fchrte auf Seiten mancher antifaschistischer Protestierender zu Reizungen der Augen und Schleimh\u00e4ute. Die Teilnehmer_innenzahl blieb an diesem ereignisreichen Tag blieb letztendlich unter unseren Erwartungen. Dies mag wom\u00f6glich auch an der Tatsache gelegen haben, dass wir den Anmeldeort unserer Kundgebung kurzfristig verlegen mussten aufgrund der \u00c4nderung seitens der Naziroute und diese Information nicht alle Menschen auf Stra\u00dfe erreichen konnte. Auch war es, entsprechend unser Einsch\u00e4tzung, schwierig ein migrantisches Spektrum aus dem Nahen Osten mit unserer Veranstaltung anzusprechen. Trotz einer Vielzahl an Aufrufen in Arabisch, Kurdisch und Englisch waren es letztendlich vor allem Menschen, die wir als Teil der \u00f6rtlichen deutschen (radikalen) Linken und der so genannten Zivilgesellschaft mit unseren Redebeitr\u00e4gen erreicht haben. Wichtig zu betonen ist dabei, dass dieser Anspruch f\u00fcr k\u00fcnftige Veranstaltungen weiter aufrecht zu erhalten ist, weil er richtig ist unmittelbar Betroffene direkt zu adressieren \u2013 es m\u00fcssen f\u00fcr die Zukunft weiterhin ad\u00e4quate Formen gesucht werden. Dar\u00fcber hinaus entspricht es der Verfasstheit der b\u00fcrgerlichen Gesellschaft, dass die mediale Rezeption inhaltlicher Positionen an einem solchen Tag von einer \u00f6ffentlichen Debatte \u00fcber vermeintlichen \u201eStra\u00dfenterror\u201c, Gewalt gegen\u00fcber Polizist_innen und den errichteten Barrikaden konsequent \u00fcberschattet wird. Das stellte nat\u00fcrlich auch uns vor gewisse Herausforderungen.<\/p>\n

Nachtrag:<\/strong><\/p>\n

Am Ende des Tages entschlossen wir uns noch dazu, eine spontane Kundgebung gegen die heutige Repression vor der Polizeiwache an der Dimitroffstra\u00dfe durchzuf\u00fchren. Dies wurde uns zun\u00e4chst durch die Versammlungsbeh\u00f6rde versagt. Ohne stichhaltige Begr\u00fcndung sollten wir unsere Kundgebung in der H\u00e4rtelstra\u00dfe durchf\u00fchren. Da der zust\u00e4ndige Sachbearbeiter der Versammlungsbeh\u00f6rde nicht mehr in der Lage war, seinen Computer hochzufahren und uns die Auflage schriftlich und als sofort vollziehbar markiert auszudrucken, musste er pers\u00f6nlich erscheinen und dies handschriftlich tun. Wir beendeten danach unsere Kundgebung.<\/p>\n

Um 19 Uhr f\u00fchrten wir dann auf der anderen Seite der Polizeiwache an der Dimitroffstra\u00dfe, auf dem Simsonplatz vorm Bundesverwaltungsgericht, erneut eine spontane Kundgebung gegen die Repression der Polizei durch. Wir empfingen zahlreiche Genoss_innen, die an diesem Tag eingefahren waren und versorgten diese mit Kaffee, Tee, Keksen, Kontakt zum EA, Musik und guter Laune. Es wurde eine Rede zum Thema Repression gegen Antifaschist_innen in Sachsen und die Toleranz der s\u00e4chsischen Polizei gegen\u00fcber Nazis gehalten. Weiterhin gab anschlie\u00dfend an die Thematik unserer Kundgebung gegen den Naziaufmarsch einen Redebeitrag zum Thema Widerstand der PKK gegen Islamist_innen und reaktion\u00e4re Kr\u00e4fte im Nahen Osten und dem PKK-Verbot in Deutschland. Damit wurden die Themen Repression und transnationale Solidarit\u00e4t zusammengef\u00fchrt. Als wir um 23 Uhr unsere Kundgebung beenden wollten, revanchierte sich die Polizei, indem sie die letzten Genoss_innen, die gerade aus der Gefangenensammelstelle entlassen worden waren und andere solidarische Genoss_innen ohne jeden Grund vor der Wache kesselte und alle Personalien aufnahm. Wir verl\u00e4ngerten selbstverst\u00e4ndlich unsere Kundgebung, bis die Genoss_innen wieder auf freiem Fu\u00df waren. Der polizeiliche Einsatzleiter wollte uns dies zun\u00e4chst verbieten, als wir jedoch darauf hinwiesen, dass wir dann eben erneut eine Kundgebung \u2013 dann eben gegen den neuesten Polizeikessel \u2013 anmelden w\u00fcrden, gaben die Cops klein bei. Gegen 23:30 waren alle Genoss_innen wieder aus dem Kessel heraus und wir konnten einen Tag beenden, der weder f\u00fcr die Polizei noch f\u00fcr die Nazis erfolgreich gelaufen ist.<\/p>\n\n\t\t