Aufgerufen hatten<\/a> unter anderem die Antifaschistischen Gruppen des Vogtlands, die Leipziger Gruppierungen the future is unwritten und Antifa Klein-Paris, die FAU Dresden, der Infoladen Jena, die Anita F aus Regensburg, Antifas aus Ro\u00dfwein-D\u00f6beln-Leisnig und auch das ums-Ganze-B\u00fcndnis samt der bundesweiten Kampagne “Nationalismus ist keine Alternative”. Letztere hatte eine Doppelmobilisierung gegen den AfD-Parteitag in Stuttgart am 30. April und gegen die s\u00e4chsischen Verh\u00e4ltnisse und den III. Weg am 1. Mai in Plauen durchgef\u00fchrt.<\/p>\nUm 9 Uhr begann eine antifaschistische Demonstration unter dem Motto “Time to Act! Nationalismus ist keine Alternative – F\u00fcr einen emanzipatorischen Antikapitalismus!” am Oberen Bahnhof in Plauen. Dort sollte ebenfalls um 11 Uhr die Demonstration der Nazis beginnen. Aufgrund polizeilicher Restriktionen konnte unsere Demonstration allerdings nur mit massiver Versp\u00e4tung loslaufen. Zahlreiche der Busse mussten sich bereits auf der Autobahn Vorkontrollen unterziehen und kamen erst versp\u00e4tet in Plauen an. Gleichzeitig verlangte die Polizei eine Personalienfeststellung aller unserer Ordner_innen, was erst mit Hilfe unserer Anw\u00e4ltin abgewehrt werden konnte. Um kurz vor 11 konnte die mit 1200 Teilnehmer_innen gut besuchte Demonstration loslaufen. Das allerdings nur f\u00fcr gute 100 Meter. Die Polizei stoppte direkt zu Beginn und im Weiteren Verlauf immer wieder unseren Aufzug. Als Grund wurden vermeintliche Verst\u00f6\u00dfe gegen das Vermummungsverbot angegeben. \u00dcber den Lautsprecherwagen der Polizei wurden die Versammlungsteilnehmer_innen beim ersten erzwungenen Stop aufgefordert, das Fronttransparent niederzulegen. Auch diese offensichtlich rechtswidrige Aufforderung konnte erst mit anwaltlicher Hilfe unterbunden werden. Bei einem sp\u00e4teren Stop der Demonstration kam es zu einem Gerangel zwischen Cops und den ersten Reihen, in deren Rahmen uns das Fronttransparent entrissen wurde. Die Polizei f\u00fchrte uns an diesem Tag wie vorherzusehen war in einem Wanderkessel. Doch die Taktik ging nur zum Teil auf. Immer wieder gelang es Gruppen von Antifaschist_innen die Demonstration zu verlassen. In Folge dessen kam es direkt zu Beginn der Route, im Bereich der Innenstadt und kurz vor Ende unserer Route zu insgesamt drei tempor\u00e4ren Blockaden der Nazi-Route von vermutlich 20 bis 40 Personen. Die Polizei schaffte es nicht, Antifaschist_innen daran zu hindern zur Nazi-Route durchzusto\u00dfen und das hatte an diesem Tag einen Einfluss auf den Verlauf der Ereignisse. Einige 100 Meter vor dem angemeldeten Endpunkt der Antifa-Demo beendeten wir diese vorzeitig. Dies hatte verschiedene Gr\u00fcnde, unter anderem, dass es durch die St\u00f6raktionen der Polizei zu massiven zeitlichen Verz\u00f6gerungen gekommen war und wir den Teilnehmer_innen erm\u00f6glichen wollten, noch vor dem Ende der Nazi-Demo in die Innenstadt zu gelangen. Zu diesem Zeitpunkt kam die Nachricht bei unserer Demonstration an, dass die Nazi-Demo gerade vorzeitig beendet worden sei. Mit einer angemeldeten Spontandemonstration zogen wir nun wieder zur\u00fcck in die Innenstadt und schlossen uns der Meile der Musik des B\u00fcndnisses Vogtland Nazifrei an.<\/p>\n
Verschiedenen Einsch\u00e4tzungen zu Folge demonstrierten die NS-Aktivist_innen mit 600 bis 1000 Leuten in Plauen. Ein Teil von ihnen f\u00fchrte eine Spontandemonstration von ihrem Ankunftsbahnhof Plauen-Mitte zum Startpunkt der angemeldeten Demonstration am Oberen Bahnhof durch. Beim Aufeinandertreffen der Gruppen wurde die Parole “Merkel ins KZ” skandiert. Der rechte Aufzug kam allerdings nur wenige hundert Meter weit. Nachdem ein Nazi von einem Gegenstand am Kopf getroffen wurde, teilte die Polizei mit, dass sie die Sicherheit der Versammlung nicht gew\u00e4hrleisten k\u00f6nne und die Route verk\u00fcrzt werden m\u00fcsse. Die beantworteten die Nazis mit der Ansage, sie w\u00fcrden entweder die gesamte Route laufen oder ihre Demonstration sofort beenden. Die Polizei ging auf diesen Poker nicht ein und der III. Weg beendete vorzeitig seine Demonstration. Wie bereits im letzten Jahr in Saalfeld versuchte man eine unangemeldete Demonstration durchzuf\u00fchren. Gut vorbereitet mit Schwimmbrillen und Regenschirmen setzten sich die Nazis gegen den Einsatz von Wasserwerfern und Pfefferspray zur Wehr. Einem Teil der Nazis gelang es, eine Spontandemonstration zum Bahnhof durchzuf\u00fchren, von wo sie schlie\u00dflich abreisten. Die Nazis griffen an diesem Tag nicht nur Polizeibeamte, sondern auch Pressevertreter_innen und Antifaschist_innen an. Der bekannte NS-Aktivist Christian M\u00fcller griff mit seinem Stativ ein Team von SPIEGEL ONLINE an und pr\u00fcgelte nach der Aufl\u00f6sung der Demonstration eine Antifaschistin bis zur Bewusstlosigkeit. Die Tatsache, dass die Nazis mit Schutzutensilien gegen Pfefferspray und Wasserwerfer sowie mit einem Ersatz-Fronttransparent ausger\u00fcstet waren deutet vor dem Hintergrund der Ereignisse am 1. Mai 2015 in Saalfeld darauf hin, dass sie von Anfang an damit gerechnet hatten, dass ihre Demonstration vorzeitig beendet wird.<\/p>\n
Nachdem f\u00fcr uns klar war, dass die Nazi-Demo nicht wie geplant stattfinden w\u00fcrde und Kleingruppen von Nazis \u00fcberall in der Stadt anzutreffen sein w\u00fcrden, war es uns wichtig, geschlossen zur\u00fcck in die Innenstadt zu gelangen, um eine sichere Abreise gew\u00e4hrleisten zu k\u00f6nnen. Kraftvoll und lautstark zogen wir geschlossen zur Meile der Musik auf dem August-Bebel-Platz, wo die “Time to Act!”-Demo mit Applaus empfangen wurde. Vor Ort hielten wir eine spontane Rede auf der B\u00fchne des B\u00fcndnisses, in der wir betonten, dass Antifaschismus, ganz gleich mit welchen Aktionsformen, in der Region unverzichtbar ist und ein solidarisches und gemeinsames Vorgehen forderten. Wir kritisierten allerdings Oberb\u00fcrgermeister Oberdorfer (FDP) scharf f\u00fcr seine Unterst\u00fctzung des v\u00f6lkisch-rassistischen B\u00fcndnisses “Wir sind Deutschland” und forderten, das n\u00e4chste Ziel f\u00fcr Antifaschist_innen m\u00fcsse sein, Oberdorfer aus der Stadt zu verjagen. Ebenfalls kritisierten wir in der Rede Ulrike Weyer, die Superintendentin von Plauen und Sprecherin des “Runden Tisches”, einem B\u00fcndnis aus Verb\u00e4nden, Stadt, Polizei und Kirche. Weyer hatte in einem Statement vor dem 1. Mai Teile des antifaschistischen Protestes diffamiert und betont, dies sei eben die Plauener “Art Konflikte zu l\u00f6sen”. Unsere Antwort war: Wer Konflikte mit Nazis l\u00f6sen will, hat die Demokratie nicht verstanden. Die Kritik stie\u00df auf viel Applaus, auch aus dem eher “b\u00fcrgerlich” wahrgenommenen Spektrum. Belustigend bis peinlich war der nachfolgende Auftritt einer Vertreterin des Runden Tisches, die verk\u00fcndete, sie w\u00fcrde hiermit unsere eben get\u00e4tigten Aussagen “zur\u00fccknehmen”. Dies stie\u00df konsequenter Weise auf gro\u00dfes Gel\u00e4chter bei den Zuh\u00f6rer_innen.<\/p>\n
Es gab den gesamten Tag \u00fcber keine (uns bekannten) Fest- oder Ingewahrsamnahmen, allerdings einige Personalienfeststellungen. Mindestens zwei Antifaschist_innen wurden schwer Verletzt. Eine durch Polizeigewalt w\u00e4hrend der Demo, eine durch den Nazi Christian M\u00fcller. Eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl an Verletzten musste gl\u00fccklicher Weise an diesem Tag nicht beklagt werden. Dies ist angesichts der gewaltbereitschaft der Nazis vom III. Weg keine Selbstverst\u00e4ndlichkeit. In der Bewertung des Tages spielen verschiedene Gesichtspunkte eine Rolle.<\/p>\n
Die Polizei des Freistaat Sachsen hat erneut ihre autorit\u00e4re Fratze gezeigt. W\u00e4hrend Nazis ohne Probleme mit Vermummung und Pyrotechnik ihre Demo beginnen konnten, wurden wir immer wieder angehalten und von Polizeikr\u00e4ften angegriffen.<\/p>\n
Die Tatsache, dass 1200 Menschen zu einer linksradikalen Demonstration am 1. Mai in die tiefste s\u00e4chsische Provinz gefahren sind, ist ein gro\u00dfer Mobilisierungserfolg. Auf diesem gilt es nun aufzubauen und eine antifaschistische Interventionsf\u00e4higkeit in Sachsen sowohl in St\u00e4dten als auch in der Provinz zu entwickeln.<\/p>\n
Der Nazi-Aufmarsch konnte nicht wie geplant stattfinden. Dies hatte mit vielen Faktoren zu tun. Unter anderem schienen die Nazis von vornherein das Szenario einer vorzeitigen Beendigung ihrer Demo im Kopf gehabt zu haben. Allerdings war der Grund, dass die Polizei die Nazi-Route verk\u00fcrzen wollte, dass sie die Sicherheit der Nazis nicht mehr gew\u00e4hrleisten konnte. Und das hatte durchaus mit den 1200 Antifas in der Stadt zu tun, die immer wieder auf die Route der Nazis gelangen konnten. Allerdings ist fraglich, ob die Nazis den Abbruch ihrer Demo als Misserfolg erlebt haben. Denn f\u00fcr sie bot sich – mit oder ohne angemeldete Demo – ein Erlebnisspektakel in Plauen. Die Strukturen des III. Weg sind brandgef\u00e4hrlich, von ehemaligen Rechtsterroristen durchsetzt und sie sind nach dem 1. Mai kein bisschen schw\u00e4cher geworden. \u00dcberdies zeigt sich, dass in Plauen mit “Wir sind Deutschland” eine v\u00f6lkisch-nationalistische Bewegung mit R\u00fcckendeckung der Stadt den \u00f6ffentlichen Diskurs vor sich hertreiben kann. Auch damit hat sich Plauen den 1. Mai und die Angst vor den 1200 “Linksautonomen” redlich verdient. Die wirklichen politischen Konflikte werden jedoch in der Zukunft zu entscheiden sein.<\/p>\n\n\t\t