{"id":2615,"date":"2017-09-29T15:24:56","date_gmt":"2017-09-29T14:24:56","guid":{"rendered":"http:\/\/www.unwritten-future.org\/?p=2615"},"modified":"2017-09-29T15:24:56","modified_gmt":"2017-09-29T14:24:56","slug":"kampf-der-inneren-sicherheit-und-dem-staat-des-kapitals","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.unwritten-future.org\/index.php\/kampf-der-inneren-sicherheit-und-dem-staat-des-kapitals\/","title":{"rendered":"Kampf der inneren Sicherheit und dem Staat des Kapitals!"},"content":{"rendered":"

Ein B\u00fcndnis<\/a> mobilisiert gegen die bundesweite Innenministerkonferenz in Leipzig im Dezember 2017. Die Kampagne wird eine Demonstration und eine Vielzahl an Veranstaltungen beinhalten. Auch wir unterst\u00fctzen den Aufruf, der sich gegen Asylrechtsversch\u00e4rfung, nationale Abschottung, die neue Repressionswelle gegen Linke, das PKK-Verbot und letztlich gegen das b\u00fcrgerlichen Staat als Solchen richtet.<\/em><\/p>\n

Kampf der inneren Sicherheit<\/strong><\/p>\n

Die Proteste gegen den G20-Gipfel in Hamburg haben erneut die \u00f6ffentliche Dramatisierung \u201clinksextremer\u201d Gewalt und damit einhergehende Forderungen nach versch\u00e4rften Gesetzen hervorgerufen. Anstatt sich mit den inhaltlichen Forderungen der antikapitalistischen Demonstrationen auseinanderzusetzen, wurde der Gipfel vor allem aus sicherheitspolitischer Sicht thematisiert. Das hat auch Konsequenzen f\u00fcr die radikale Linke. Forderungen nach der Schlie\u00dfung der Roten Flora wurden teils aus den Reihen der Bundesregierung laut und auch in Leipzig wurde versucht das Werk 2 oder das Conne Island in \u00e4hnlicher Weise als Ausgangspunkt \u201clinksextremer\u201d Gewalt zu diskreditieren. Die Internetplattform \u201clinksunten\u201d wurde vom Bundesinnenministerium gleich ganz verboten. Ob sich die medialen Debatten der letzten Wochen noch weiter in politischen Ma\u00dfnahmen auswirken wird, k\u00f6nnte auch der zweite Teil der bundesweiten Innenministerkonferenz (IMK) 2017 in Leipzig zeigen.<\/p>\n

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Dort werden Entscheidungen getroffen, die nicht nur linke Aktivist*innen betreffen, sondern die gesamte Bev\u00f6lkerung.
\nHierzu z\u00e4hlen bspw. der Einsatz von Video-\u00dcberwachung und Gesichtserkennungssoftware in \u00f6ffentlichen R\u00e4umen, die fl\u00e4chendeckenden Funkzellenabfragen sowie die teilweise anlasslose Speicherung und Aufbewahrung pers\u00f6nlicher Daten. Die Versch\u00e4rfung der \u00a7\u00a7 113 ff. StGB wird bei der IMK in Leipzig kein Thema sein. Die im Juni in Kraft getretene Gesetzesversch\u00e4rfung weitet die Sanktionsm\u00f6glichkeiten der Polizei gegen\u00fcber Betroffenen polizeilicher Ma\u00dfnahmen aus. Das Gesetz ahndet nicht nur Angriffe auf Polizeibeamt*innen, sondern schon das blo\u00dfe sich Gegen-die-Laufrichtung-Stellen oder aus dem Polizeigriff winden. Es ist eine Mindeststrafe von drei Monaten Gef\u00e4ngnis vorgesehen, in besonderen F\u00e4lle erh\u00f6ht sich diese sogar auf ein halbes Jahr. Letztendlich wurde mit dem Widerstandsparagrafen ein Disziplinierungsinstrument geschaffen, das vor allem einsch\u00fcchtern soll und den langj\u00e4hrigen Forderungen der Polizeigewerkschaften nachkommt.<\/p>\n

Die IMK ist seit 1954 ein Zusammenschluss der Minister*innen des Innern und teilt sich in sechs Arbeitskreise, die nahezu alle bundesinneren Themen umfassen. In dieser Form tagt sie zweimal j\u00e4hrlich und trifft l\u00e4nder\u00fcbergreifend Beschl\u00fcsse. Dazu geh\u00f6ren unter anderem Entscheidungen wie die Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbeh\u00f6rden des Bundes und der L\u00e4nder, sowie die Innere Sicherheit, darunter fallen auch polizeiliche Angelegenheiten wie das neue Abh\u00f6rzentrum in Leipzig. Weiterer Gegenstand der IMK ist auch der konkrete Umgang mit Gefl\u00fcchteten: In Dresden ging es um die Einschr\u00e4nkung der M\u00f6glichkeiten f\u00fcr Menschen ohne deutschen Pass sich politisch bet\u00e4tigen zu d\u00fcrfen und um Koordinationsstellen, die sich \u201eIntegriertes R\u00fcckkehrmanagement\u201c nennen, d. h., die nichts anderes als Abschiebungen organisieren. Diese Themen sind gleichzeitig das politische Resultat aus dem Rechtsruck der \u00f6ffentlichen Meinung.<\/p>\n

K\u00e4mpfe gegen die deutsche Innenpolitik verbinden!<\/strong>
\nDiese Resultate \u00e4u\u00dfern sich in der gesteigerten H\u00e4rte des Rechtsstaates in seinem Innern. Ein Beispiel ist dabei die geplante Zusammenlegung der technischen Strukturen f\u00fcr ein Abh\u00f6rzentrum der L\u00e4nder Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin und Th\u00fcringen. Beschlossen wurde diese Einrichtung mit Unterst\u00fctzung von SPD, Gr\u00fcnen und Linkspartei in den L\u00e4ndern, in denen sie Teil der Landesregierung sind. Dieses Abh\u00f6rzentrum soll 2019 in Leipzig auf dem Gel\u00e4nde der Bereitschaftspolizei fertiggestellt werden und die \u00fcbergreifende M\u00f6glichkeit f\u00fcr technische Zugriffe auf Daten von Tatverd\u00e4chtigen geben. Konkret ist geplant, die bisherige Arbeit aus den Landeskriminal\u00e4mtern zu b\u00fcndeln. Das hei\u00dft zum Beispiel, dass SMS-Nachrichten oder Telefonkontakte, aber auch Internetverbindungen \u00fcberwacht werden. Dadurch hatte es im Jahr 2015 allein in Sachsen 363 Verfahren gegen rund 1000 Verd\u00e4chtige gegeben. Daneben ist auch der Zugriff auf die Inhalte von Messengern, wie beispielsweise Whatsapp, geplant. Dies kann genutzt werden, um auf verschl\u00fcsselte Nachrichten zuzugreifen.
\nDiese Ma\u00dfnahmen m\u00fcssen weiterhin mit richterlichem Beschluss angefordert werden. Au\u00dfer f\u00fcr die Beamt*innen, die die einzelnem Ma\u00dfnahmen umsetzen, gibt es keine M\u00f6glichkeiten, die Vorg\u00e4nge nachzuvollziehen oder gar zu pr\u00fcfen. Diese fehlende Transparenz macht es m\u00f6glich, dass die Polizei auch willk\u00fcrlich und au\u00dferhalb ihrer Befugnisse t\u00e4tig wird.
\nAuch emanzipatorische und linke Bewegungen sind Zielobjekt der staatlichen Repression. Der \u00a7 129 StGB (\u201cBildung einer kriminellen Vereinigung\u201d) dient hier oft als willkommener Vorwand linke Strukturen zu durchleuchten. Der Vorwurf rechtfertigt den Einsatz von Telefon\u00fcberwachung, Observationen und Hausdurchsuchungen. Beim zuletzt bekannt gewordenen, gegen linke Strukturen in Leipzig gef\u00fchrtem, Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung wurden sogar Gespr\u00e4che mit Berufsgeheimnistr\u00e4ger*innen (u.a. \u00c4rzt*innen, Journalist*innen und Anw\u00e4lt*innen) \u00fcberwacht.
\nAuch das Verbot der kurdischen Arbeiter*innenpartei PKK durch das Bundesministerium des Innern bringt regelm\u00e4\u00dfig Menschen hinter Gitter, die sich gegen die Diktatur in der T\u00fcrkei und f\u00fcr Emanzipation und Basisorganisierung einsetzen. An Absurdit\u00e4t gewonnen hat das Verbot dadurch, dass j\u00fcngst auf Druck der t\u00fcrkischen Regierung sogar das Zeigen der Symbole von YPG und YPJ in Deutschland verboten wurde. Die bewaffneten Milizen der kurdischen Selbstverwaltung in Nordsyrien sind mit der PKK verb\u00fcndet und ein entscheidender Faktor im Kampf gegen den IS. Gemeinsam mit den kurdischen Genoss*innen in der BRD wollen wir uns gegen diese Repression \u00e4u\u00dferst reaktion\u00e4rer Kr\u00e4fte stellen und fordern die Aufhebung des PKK-Verbots!
\nEine weitere Versch\u00e4rfung staatlicher Repressionen richtet sich gegen Gefl\u00fcchtete. Die Asylpakete I und II wurden von CDU\/CSU und SPD, teils mit Unterst\u00fctzung der Gr\u00fcnen, auf Bundesebene verabschiedet: u.a. wurden Bargeldzahlungen durch Sachleistungen ersetzt, Albanien, Kosovo und Montenegro wurden als \u201esichere Herkunftsstaaten\u201c eingestuft, der Familiennachzug wurde teilweise ausgesetzt und die Abschiebung erkrankter gefl\u00fcchteter Menschen wurde erleichtert.
\nZeitgleich zu dem Inkrafttreten des Asylpaket II wurde das Ausweisungsrecht versch\u00e4rft. Mit der Argumentation der Terrorbek\u00e4mpfung k\u00f6nnen so nun auch Jugend- oder Bew\u00e4hrungsstrafen ein Anlass f\u00fcr eine Ausweisung sein, ungeachtet dessen, was die Schutzsuchenden in ihren Herkunftsl\u00e4ndern erwartet (Haft, Folter, Verfolgung).<\/p>\n

Kampf dem Staat des Kapitals!<\/strong>
\nAus den oben genannten politischen Entwicklungen und unseren K\u00e4mpfen gegen diese, ziehen wir den Schluss, dass wir den b\u00fcrgerlichen Staat weder gewaltsam \u00fcbernehmen, noch von innen reformieren k\u00f6nnen bzw. m\u00f6chten. Wir wollen weder einen \u201cstarken\u201d, noch einen liberalen Staat: wir wollen nicht weniger als eine Gesellschaftsform, die ohne Staat von unten nach oben organisiert ist.
\nUnsere Ablehnung des Staates und seiner Innenpolitik folgt nicht nur aus ihren gravierenden Folgen f\u00fcr viele Menschen. Sie h\u00e4ngt auch mit der Funktion des Staates in der herrschenden Gesellschaftsformation zusammen. Der b\u00fcrgerliche Staat ist keine leere Form, die \u00fcber die Parlamente mit beliebigem politischen Inhalt gef\u00fcllt werden k\u00f6nnte. Er ist materiell vom Fortlaufen der Anh\u00e4ufung von Kapital abh\u00e4ngig, aus der er seine Steuern bezieht. Es liegt daher in seinem eigenen Interesse, das ungest\u00f6rte Fortlaufen der Kapitalaneignung durchzusetzen und zu garantieren \u2013 im Zweifel auch gegen die grundlegenden Bed\u00fcrfnisse der in ihm und au\u00dferhalb von ihm lebenden Menschen. Bei der Herstellung der Grundbedingungen f\u00fcr die Aneignung von Mehrwert gehen b\u00fcrgerlicher Staat und patriarchale Geschlechterverh\u00e4ltnisse Hand in Hand. Die Ausbeutung der Arbeitskraft durch das Kapital w\u00e4re gar nicht m\u00f6glich, w\u00fcrden nicht systematisch durch patriarchale Verh\u00e4ltnisse von Frauen geleistete Reproduktionst\u00e4tigkeiten kostenlos angeeignet werden.<\/p>\n

Die Bedingungen der Kapitalaneignung stellt er dabei auf unterschiedliche Weise her. Einerseits sch\u00fctzt er die Arbeitskraft, von deren Ausbeutung das Kapital lebt, mit Arbeits- und Sozialgesetzgebung sowie Sozial- und Krankenversicherungen \u2013 notfalls auch gegen die kurzfristigen Interessen mancher Einzelkapitale, um das langfristige Interesse des Gesamtkapitals zu sch\u00fctzen. Auf der anderen Seite setzt der Staat sein Gewaltmonopol ein, um das b\u00fcrgerliche Recht durchzusetzen, das eine selbstorganisierte Umw\u00e4lzung der Eigentums- und Produktionsverh\u00e4ltnisse verhindert. Repression gegen wilde Streiks, Migrationsbewegungen und auch radikale politische Bewegungen, die das Funktionieren der kapitalistischen Vergesellschaftung behindern \u2013 oder gleich ihre Existenz in Frage stellen \u2013 werden mit \u00dcberwachung und polizeilicher Repression \u00fcberzogen. Die staatliche Innenpolitik, gegen die sich unsere K\u00e4mpfe richtet, ist folglich Teil von sozialen Verh\u00e4ltnissen, die im Ganzen \u00fcberwunden werden m\u00fcssen. Daher richtet sich unsere Kampagne nicht nur gegen die staatliche Innenpolitik, sondern gegen den Staat des Kapitals als solchen!<\/p>\n

Deswegen ist es notwendig, Widerstand gegen die IMK zu leisten!<\/p>\n

Nehmen wir ihnen die M\u00f6glichkeiten, neue Repressionen still und heimlich zu beschlie\u00dfen. Wir werden die IMK st\u00f6ren und sie mit unserer Kritik konfrontieren.<\/strong><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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